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» Tag1 « 01. Mai 2016
Carrick On Shannon-Keshcarrigan
 


08:34 Uhr, eine himmlische Ruhe herrscht an Bord. Im Gegensatz zu anderen Jahren habe ich bestens geschlafen. Das ist sicher auch der Tatsache geschuldet, daß mein Freund Grube diesmal nicht mit ist. Kein krachen der Klotür, kein stündlicher Stuhlgang kein rektales atmen, einfach nur Ruhe, herrlich. 
Bei P1 tut sich noch nicht viel. Der scheint sich gestern Abend, oder sagen wir heute Früh, noch socialmediamäßig verkabelt zu haben. Bei dem kommen Drähte aus den Ohren, die in seiner Schmierscheibe enden. Diese liegt direkt neben seinem Kopf.
Komisch, als wir 'Kinder' waren, sind wir mit 'nem Teddy ins Bett. Da waren Kuscheltiere noch aus Plüsch oder Kunstfell und mit Stroh gefüllt. Heute bestehen die aus Silicium und seltenen Erden.

08:36 Uhr, die Heizung startet und nervt mit einem hochfrequenten Pfeifton. Das heißt, die Ü-60'er sind 36 Minuten hinter dem Plan. Respekt, langsam scheinen auch die vernünftig zu werden. Wenn das die nächsten Tage so bleibt, könnte es dieses Jahr ja mal eine richtig entspannte Tour werden.
Mein Blick nach draußen wird nicht gerade belohnt. Das Wetter sieht nicht sehr einladend aus. Alles grau in grau und ziemlich bewölkt. Das einzig Positive ist die totale Windstille. Naja, der Tag ist noch lang und da kann wettertechnisch noch so einiges passieren.

09:26 Uhr, es gibt 'Gedeck-1'.Das vom Smutje frisch gemachte Heringshäckerle kommt nach so einer durchzechten Nacht auch richtig gut an. Leider sind die Baguetten nicht ofenwarm vom Bäcker sondern aufgebacken. Aber ich hoffe, daß sich das im laufe der Woche evtl. noch ändern wird.

09:40 Uhr, eine obligatorische Einheit U-Berg ist dem Magen sichererlich sehr behilflich den öligen Fisch etwas besser verarbeiten zu können.

10:10 Uhr, P1 scheint leicht zu schwächelt. Der muss wieder in's Bett. "So richtig mein Tag ist das heute noch nicht ", meint er.





 Vom Ruten- zum Schleusengänger

10:34 Uhr, ich drehe den Zündschlüssel und lasse den Diesel tuckern.

10:36 Uhr, es geht los, die Tour 2016 startet! Als heutiges Tagesziel ist Keshcarrigan  geplant. Dort wollen wir auch Olli und seine Crew treffen.

10:40 Uhr, völlig ungewohnt und anders als die Jahre zuvor ist diesmal Dieter der treibende Keil. Der kann es kaum erwarten seinen Gummifisch zu baden. Wenn Holger mit wäre, der wäre bestimmt stolz auf ihn.

10:46 Uhr, wir haben die Pumpstation  kurz hinter Carrick-On-Shannon passiert. Ich gebe die Angeln frei. So schnell kann ich gar nicht gucken, wie Dieter seinen Wobbler im Wasser hat.
Quaddel hat sein Fanggerät zwar auch schon griffbereit, ist aber momentan noch damit beschäftig P1 in die Technik der Nahrungsbeschaffung  'Sportfischerei' einzuweisen. Er hilft ihm sein Fischfangequipment -welches großzügigerweise von Grube zur Verfügung gestellt wurde- einsatzbereit zu machen, und weißt ihn in den Umgang mit der Rute ein.

10:56 Uhr, wie immer teilt mir das 'KombüsenrohrKombüsenrohr 
Das ist eine von mehreren 'Belüftungsöffnungen' über die das Boot verfügt. Leider ist diese so unglücklich plaziert, daß man oben auf der Flybridge permanent dem Kombüsendunst ausgesetzt ist.
 
' fast auf die Minute genau mit, daß der Smutje den Speck für das heutige kulinarische 'HochlichtHochlicht 
Der Deutsche würde hierzu 'Highlight' sagen
 
' in der Pfanne hat.

11:00 Uhr, Quaddel übernimmt das Catering und beglückt mich mit einem Guinness.

11:40 Uhr, der Smutje persönlich bringt mir eine Brühe mit Ei, Croutons und Lauchzwiebel. Für den kleinen Hunger zwichendurch ist das jetzt genau das Richtige.

12:00 Uhr, wir liegen vor Lock-16 . Das ist die erste von insgesamt 16 Schleusen im SEW. P1 und Quaddel -unser bisheriger Oberschleuser- sind bereits von Bord gegangen und stehen oben am Bedienpult. Für P1 ist das die erste Lehrstunde auf seinem langen Weg zum zertifizierten DiplomschleuserDiplomschleuser 
Näheres hierzu siehe Tag-5, 17:40 Uhr.
 
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12:20 Uhr, Lock-15 , P1 ist allein und ohne Einweiser von Bord gegangen. Mal schauen ob er es auf die Reihe bekommt.

12:30 Uhr, nach gefühlten 2 Stunden geht dann endlich das Schleusentor auf. Ich bilde mir ein, andere Jahre ging das irgendwie viel schneller. Aber gut, das könnte unter Umständen täuschen. 'Mann' wird ja schließlich auch nicht jünger.

12.44 Uhr, Quaddel reicht eine weitere Runde U-Berg.

12:56 Uhr, Lock-14 , es dauert wieder ewig. Das Tor mach keinerlei Anstalten sich zu bewegen. Irgendwie fehlt mir auch das sonst übliche aufgewühlte und sprudelnde Wasser unterhalb der Tore.

13:06 Uhr, ich schicke Quaddel als Verstärkung hoch zu P1. Es kann ja sein, daß er irgend einen Bedienfehler macht. 

13:10 Uhr, das Tor ist geöffnet und die Ampel steht auf grün. Wie sich herausgestellt hat, war nur ein Schieber geöffnet. Gut, das kann passieren, P1 befindet sich ja schließlich noch in der Ausbildung.

13:24 Uhr, Lock-13 , P1 scheint die Sache jetzt im Griff zu haben. 

13:42 Uhr, Lock-12  ist auch abgehakt.

13:52 Uhr, Quaddel bringt das nächste Guinness.

14:00 Uhr, es stehen die Schleusen von Kilclare  (Lower-, Middle- und Upper-Lock) an. Die kommen unmittelbar hintereinander. Wenn man Glück hat ist gerade ein Boot entgegengekommen, und man kann gleich von einer Schleuse in die Andere fahren. Hier hat P1 die Chance an Land von einem Bedienpult zum Nächsten zu laufen und sich zum 'Schleusengänger' hocharbeiten.Los geht es mit Lock-11 , die erste der drei Schleusen

14:16 Uhr, Lock-10 

14:32 Uhr, Lock-09 

15:08 Uhr, wir passieren gerade die Wasserscheide  zwischen Shannon und Erne. Bestens zu erkennen am Farbwechsel der Marker. Statt dem rot/grün System vom Shannon sind die Marker jetzt rot/weiß. Ab jetzt befinden wir uns im Erne und fahren stromabwärts.
Im Moment scheint nur noch P1 unter den Lebenden zu sein. Zumindest kommt er mit der 'Flasche' hoch auf die FlyBridge. Der Rest der Crew ist unter Deck verschollen.

15:16 Uhr, in der Ferne sehe ich jemanden vom Anleger aus winken. Da wir uns gestern Keshcarrigan als Treffpunkt ausgemacht haben, kann das nur Olli sein.





 Exotisches und Traditionelles

15:20 Uhr, Dienstschluss für heute. Unser Boot liegt gut und sicher vertäut am Anleger.

15.30 Uhr, P1 und ich sind an Bord der Kilkenny bei Olli und genießen einen Begrüßungswhiskey. Obwohl, den Whiskey genieße nur ich. P1 zieht sich irgendein exotisches Mixgetränk rein. "Hauptsache mal ein andrerer Geschmack ", meint er. Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht verstehen. Nach gerade mal einem Tag braucht der schon 'ne Geschmacksveränderung? Wenn ich da so an die nächsten 5 Tage denke, dann gibt mir das schon irgendwie zu denken.
Leider müssen wir uns aber schnell wieder verabschieden, da der Smutje mit dem Mittagessen drängelt. Was wiederrum den Vorteil hat, daß P1 sich gar nicht erst an die Mixgetränke 'gewöhnen' kann.

15:52 Uhr, es ist soweit, der kulinarische Höhepunkt steht an. Wie jeden Sonntag gibt es Hammelkeule, die in Wirklichkeit eigentlich 'ne Lammkeule ist. Aber die heißt nun schon über zwanzig Jahre Hammelkeule, und da wird die auch weiter so genannt. Bei alten Männern kann man nicht einfach neue Begriffe einführen. Das führt unweigerlich zu Irritationen.
P1, sichtlich überwältigt von diesem opulenten Mahl, hat bereits wieder seine Schmierscheibe in Aktion um diesen Eindruck sofort mit der übrigen Welt zu teilen. Dieter meint zu ihm:"Das müssen wir nun jedes Jahr essen ".

Teilen:  In Zeiten von Facebook, Twitter und Whatsapp wird geteilt und gelikt bis der Arzt kommt. In dieser Scheinwelt -die sich neudeutsch "Social Media" nennt- heißt 'teilen' aber nicht mehr jemandem von etwas die Hälfte abgeben, sondern jedem sofort alles mitteilen und zeigen was man im Moment so tut oder sieht. Da erfährt die ganzen Welt in Echtzeit, daß man gerade in der Nase bohrt oder Blähungen hat. Damit auch jeder an diesem Genuss teilhaben kann, wird noch schnell ein Foto -natürlich in HD Qualität- vom schwarzen Fingernagel oder der Klopapierrolle rund um den Erdball geschickt. Somit werden ganz banale Dinge -wie die Reinigung der Riechkanäle oder ein Gang auf's Klo- zu Ereignissen von globalem Interesse erhoben. Als Belohnung 'liken' dann tausend Leute die Blähungen indem sie einen virtuellen 'Daumen-Hoch' senden.
Für all diese chronischen 'Teiler' und 'Liker', die dieses Social Media exzessiv leben, scheint es sowas wie Privatsphäre nicht mehr zu geben. Und genau diese Zeitgenossen sind es, die dann den Finger heben und am lautesten nach mehr Datenschutz schreien, wenn plötzlich die NSA die Marke ihres Lieblings-Klopapiers kennt. 

15:54 Uhr, "Wir fahren ja Himmelfahrt sonst immer Schlauchboot ", erzählt uns P1. "Da bin ich der Smutje und schmiere die Brötchen so nebenbei. Jetzt muss ich meinem Schlauchbootkumpel mal ein Bild schicken, wie ein richtiger Smutje das macht ".Ich kläre ihn auf:"Du auf eurem Schlauchboot bist ja noch Kreisklasse, aber bei uns wird 'Premier League' gekocht !". 

16.10 Uhr, boah war das wieder ein üppiges Mahl. Der geübte Leser weiß jetzt sofort Bescheid. Genau, es wird eine Verdauungshilfe in Form einer Einheit U-Berg gereicht.
Dieter versucht dann wie üblich die leeren Flaschen mit einem gezielten Wurf im Mülleimer zu versenken. Die ersten vier landen auch gleich beim ersten Versuch im Ziel. Beim letzten Wurf muss er allerdings nochmal nachjustieren.

16:16 Uhr, Dieter:"Gib mal noch was von dem Zeug, ich muss werfen üben !". Ich greife hinter mir ins 'U-Fach' und stelle noch 'ne Runde auf den Tisch. "Hier hast Du noch fünf Schuss. Aber lass uns erst austrinken !".

16:30 Uhr, "Eh, Dieter, lass uns doch zur Abwechslung mal 'nen Bushmills ein. Ich glaube, ich brauch auch mal 'nen 'anderen' Geschmack ".

16:52 Uhr, und noch ein Bushmills. Das mit dem anderen Geschmack hat noch nicht so richtig funktioniert.

17:00 Uhr, was mich wundert, es hat sich noch keiner zum Verdauungsschlaf verabschiedet. Sogar Quaddel sitzt noch brav am Tisch. Es könnte natürlich auch sein, daß der einfach nur zu faul ist aufzustehen.

17:16 Uhr, P1 meldet sich freiwillig zum Küchendienst und übernimmt den Abwasch. Respekt!! 





 Von Jokern und Westernhelden

18:30 Uhr, Olli und seine Crew sind bei uns an Bord. Die Stimmung ist bestens. Selbst Quaddel als bekennender Schweiger und Nichtredner weiß sich ungewohnter Weise bestens zu unterhalten. Allerdings scheint ihm die irische Musik, die ihm Olli von seinem Mobiltelefon vorspielt, etwas zu laut zu sein.

19:38 Uhr, 1Fl Jameson später verlässt uns die Olli-Truppe wieder. Olli selber wäre sicher noch geblieben, aber seine Crew drängelt, die haben Hunger. Die wollten ja eigentlich schon vor 'ner Stunde im Pub sein.

19:40 Uhr, Dieter bringt die Pulle Averna ins Rennen. "Hier, das ist mal ein anderer Geschmack !".Angeblich sollen da Kräuter drinne sein, aber außer Zucker schmecke ich nichts. Also auf Dauer geht das gar nicht. Da gönn ich mir doch lieber 'ne Einheit U-Berg, um mal kurzzeitig einen anderen Geschmack zu bekommen.

20:16 Uhr, P1 hat genug, der befindet sich bereits in der Waagerechten. Sein erster Ausbildungstag war sicher sehr anstrengend für ihn. 

21:06 Uhr, der Smutje und Quaddel haben sich mittlerweile zur Nachtruhe verabschiedet. Dieter und ich beschließen noch einen kleinen Abendspaziergang zu tätigen. Vielleicht ergibt sich ja rein zufällig noch die Möglichkeit unterwegs etwas gegen den Durst zu unternehmen.

21:14 Uhr, wir sind auf dem Weg zum 'Glas-Bier-Geschäft'. Ich habe vor zusammen mit Olli noch ein gepflegtes Guinness zu trinken.

21:20 Uhr, erster Halt bei McKeons  Da sich die Zahl der hier im Ort ansässigen Pubs auf zwei beschränkt, stehen die Chancen 50:50 Olli hier zu treffen.

21:26 Uhr, der 50:50 Joker ist gespielt, wir sind bei Gerti's  gelandet. Olli steht bereits am Tresen und bestellt 'ne Runde Guinness.

21:32 Uhr, "you are leafankleaf " meint der Wirt zu mir, als er das Guinness an den Tisch bringt. Keine Ahnung was der meint.

22:00 Uhr, wieder sagt der was mit "leafancleaf " und stellt mir ein neues Guinness hin. Ich hab's aber immer noch nicht gerafft was er mir sagen will.

22.30 Uhr, die Stimmung ist bestens. Dieter ist auch noch gut drauf und angesichts der Uhrzeit noch sehr gesprächig für seine Verhältnisse.
"Hey, what's up leafancleaf ?", fragt der Wirt beim einsammeln der leeren Pint Gläser. "Sorry, but what means leafancleaf ?", frage ich jetzt zurück. "You don't know this guy? High Noon, Sabata, For a Few Dollars More, the famous actor ?". Ach DEN meint der, jetzt hab ich's auch endlich geschnallt. Aber sehe ich denn wirklich so aus wie Lee van Cleef ?!!?

22:52 Uhr, ein allerletztes Guinness. Der Tag war lang, genau wie die Liste eingenommener Destillate. Mehr geht heute einfach nicht. Dieter stimmt mir sichtlich erleichtert zu.

23:00 Uhr, Rückzug.

23:16 Uhr, wir sind wieder heil an Bord. Der Heimweg ging wie von alleine. Ohne Navi oder GPS auf Anhieb das richtige Boot gefunden. Respekt!!
Irgendwie verspüre ich den Drang noch etwas essbares zu mir zu nehmen. Genau dieses Gefühl muss Holger auch immer haben, wenn der seine Fressattacken hat. Eine innere Stimme sagt mir, es sollten noch Bohnen vom Mittagessen übrig sein. Und genau darauf hätte ich jetzt sogar Appetit. Allerdings gibt es da ein Problem. Ich finde nirgends Bohnen. 
Na gut, das bissel was ich esse, kann ich auch trinken. Da muss halt wieder ein U-Berg herhalten.

23:20 Uhr, Dieter meint:"Wir können ja auch noch so einen, oder ?", und kippt zwei Averna ein.

23:24 Uhr, das war's jetzt aber endgültig.

23:26 Uhr, Licht aus!.



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