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26. Mai 2014
Clonmacnoise - Lanesborough

07:28 Uhr, Ich höre Schritte. Welches Arschloch trampelt hier schon wieder mitten in der Nacht durchs Boot? Ein Blick auf die Uhr lässt in mir eine bestimmte Vermutung aufkommen. Um die Zeit kann das nur einer aus der Ü-60 Kabine sein. Wie immer zerbreche ich mir den Kopf, ob das erste Symptome von Altersboshaftigkeit oder Anfänge von Inkontinenz sind. Vielleicht ist es auch ganz einfach nur eine Art von Hyperaktivität. Aber wenn ich davon ausgehe, daß das eher bei Kindern und Jugendlichen auftritt, und ich mir Quaddel und den 'BauleiterBauleiter
Eine Art Tarn- oder Künstlername für Husti. Der wird in der Regel verwendet, wenn man zwar Husti meint aber aus diplomatischen Gründen nicht den wahren Namen nennen
will oder kann.
 
' mal rein visuell vorstelle, dann scheidet Hyperaktivität als Grund schon mal aus. Ich tendiere langsam aber sicher zu einer Kombination aus den beiden ersten Möglichkeiten. Die sind nämlich beide altersbedingt.

07:40 Uhr, Wieder diese nervige Geräusch wie gestern Früh. Der Brenner von der Heizung ist angesprungen. Aus meiner Vermutung wird plötzlich absolute Sicherheit. Das bereits oben erwähnte A-loch zählt zu dem Teil der Crew, der seinen 60'sten Geburtstag bereits hinter sich hat.

08:00 Uhr, Ein kurzer Blick aus dem Fenster von meiner Nasszelle gibt mir den ersten kurzen Überblick über die aktuelle Wettersituation. Bedeckter Himmel, trocken, und windstill. Für eine Bootstour eigentlich optimal.

08:04 Uhr, Ich betrete den Salon. Der Frühstückstisch ist schon zum Teil gedeckt. Die Einschätzung 'zum Teil' beruht auf der Tatsache, daß noch kein U-Berg zu sehen ist. Holger, dessen Platz sich am nähesten gelegen zum 'U-FachU-Fack
Zur sicheren Aufbewahrung der unzähligen Flaschen Underberg, werden diese in einem an der Wand befindlichen, dursichtigen (eigentlich zur Aufbewahrung von Kartemnaterial gedachten) Behälter gelagert. Das hat den Vorteil, dass der U-Berg immer gut sichtbar ist. Allerdings auch den Nachteil, dass er sich schnell "weggreift".
 
' befindet, hat das sonst eigentlich immer im Griff. Aber heute scheint es ihm etwas an Motivation zu fehlen. Der sieht auch (noch) nicht so richtig frisch aus. "Bist Du so geknickt, weil Du beim angeln neuerdings sogar von Dieter geschlagen wirst? ", frage ich, und lege nochmal nach:"Stell dir vor, die Grube wäre mit, da würde es dich noch viel härter treffen ". Holger ringt sich nur ein gequältes Lächeln ab und stellt fünf U-Berg auf den Tisch.

08:14 Uhr, Der Smutje hat Speigeleier zum Frühstück gebraten. Um die Sache abzurunden gibt es noch Herings-Häckerle und aufgebackene Baguetten. Der Hering ist allerdings nicht feingehakt oder durch den Fleischwolf gedreht, sondern in Würfel geschnitten. Theoretisch würde das auch als Gabelbissen durchgehen..

08:26 Uhr, Der Hering war zwar schon tot, ist aber trotzdem noch geschwommen. Allerdings nicht im Wasser sondern in Öl, und Öl ist von Natur aus ziemlich fettig. Der erfahrene Tourtagebuchleser weiß spätestens nach Erwähnung des Begriffs 'fettig', was der nächste Schritt ist.

08:28 Uhr, Holger hat seinen U-Berg einfach stehen lassen und ist mit den Worten:"Ich gehe rüsseln! ", in seine Koje verschwunden. Ist der Krank, oder hat ihm tatsächlich der gestrige Fangerfolg von Dieter so arg mitgespielt 

 Kotzgrenzen und Geduldspiele

09:02 Uhr, Wir starten zum zweiten Streckenabschnitt der Tour-2014. Heutiges (geplantes) Tagesziel ist Lanesborough. Es steh die Überquerung vom "Lough Ree" an. Im Prinzip hängt der weitere Tourverlauf vom Smutje ab. Entsprechen seiner heutigen Tagesform fahren wir entweder nonstop durch, oder müssen den See in mehreren Etappen nehmen . Große Seen sind für Husti der Alptraum schlechthin. Dem treibt es bei der bloßen Erwähnung schon den Angstschweiß auf die Stirn.
Auf der Karte habe ich schon mal prophylaktisch Lecarow und Portrunny als zwei potentielle Anleger für einen Nothalt markiert.

09:10 Uhr, Das Kombüsenabluftrohr, was genau oben auf der Flybridge endet, sorgt dafür, daß mir jetzt der Schweiß auf der Stirn steht. Im Gegensatz zum Smutje handelt es sich dabei aber nicht um Angstschweiß sondern um erste Anzeichen dafür, daß mein Magen und Kreislauf kurz vor dem Kollaps stehen.
Wenn man den dritten Tag in Folge der Völlerei frönt und dem Körper rund um die Uhr hochprozentige Destillate zuführt, dann reicht der konzentrierte Geruch von bratendem Speck und Zwiebel um einen an die Kotzgrenze zu bringen. Das ist nicht das erste Mal, daß mir das so geht. Aber heute ist es extrem. Da muss ich mir für die Zukunft echt was überlegen. Am besten irgend einen Verschluss mit dem man das Rohr komplett dicht machen kann. Dann kann der Smutje unten in der Kombüse seinen eigenen Mief in Endlosschleife inhalieren

09:12 Uhr, Halt Hecht 
Scheiße, das fehlt mir jetzt gerade noch. Quaddel hat was an der Angel. Hoffentlich geht das Teil wieder ab, ich hab jetzt einfach keinen Bock hier irgendwelche Manöver zu fahren bis die endlich den Fisch an Bord haben.

09:14 Uhr, Meine Hoffnung hat sich erfüllt, der Fisch schwimmt wieder frei und ohne einen Haken im Maul zu haben im Shannon. Dieter ist auch froh, daß der Fisch ab ist. So muss er nicht mit dem Gaff runter auf die Heckplattform. Die ungewohnten Bewegungen, die er gestern beim Kampf mit dem Hecht gemacht hat, haben dazu geführt, daß er 'Rücken' hat, wie er sagt.

09:18 Uhr, Holger weilt plötzlich wieder unter den Lebenden. Wahrscheinlich geweckt durch die Aktion von eben, hat er Angst, daß Quaddel eher einen Fisch an Bord holt als er.

09:24 Uhr, Halt Hecht 
Holger scheint was am Haken zu haben. Zum Glück dauert es aber nicht lange, dann hat sich das auch erledigt. Auch dieser Fisch schwimmt wieder frei vor sich hin.

09:42 Uhr, Vom Catering her scheint heute gar nichts zu laufen. Dieter sitzt unter Deck und liest Zeitung. So kommt es, daß ich mir selber ein Guinness holen muss. Ich hoffe, das war nur ein einmaliger Ausrutscher und wird nicht wieder vorkommen

10:16 Uhr, Holger zu Quaddel:"Und? ". Nach gefühlt einer Stunde antwortet der:"Mann muss einfach Geduld haben! Außerdem gehe ich nicht auf die Kleinen so wie Du ". 

10:28 Uhr, Quaddel rüstet auf. Der holt jetzt seinen 'Kampfwobbler' aus der Schachtel.

10:36 Uhr, Der Smutje kommt hoch aufs Oberdeck, sieht mein Guinness und meint:"Bier trinken ist 'ne gute Idee. Soll ich prophylaktisch noch die 'Flasche' mitbringen und 'ne Möhre? ". Die Zusammenstellung ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber Möhre ist, wie wir gestern gelernt haben, schwer zu verdauen. In dem Fall passt das dann wieder mit dem Whiskey. 

10:46 Uhr, Es gibt 'nen Jameson. 11:12 Uhr, Wir sind kurz vor Athlone. Langsam und ganz vorsichtig schiebt sich die Sonne immer mal zwischen die Wolken. Es besteht also noch Hoffnung auf etwas freundlicheres Wetter als bisher.

11:26 Uhr, Die Tore stehen offen, das trifft sich gut. So können wir gleich in die Schleuse einfahren ohne vorher anlegen und ewig warten zu müssen.

11:46 Uhr, Athlone Lock liegt hinter uns. Wir halten Kurs auf den Lough Ree. Holger drängelt schon wieder, der will noch angeln bis zum See. Der fängt zwar sowieso nichts, aber ich erfülle ihm den Wunsch und gehe wieder auf 1000 rpm, sprich Angelgeschwindigkeit.

12:02 Uhr, Dieter bringt mir 'ne Brühe mit Ei, Lauchzwiebelringen und Croûtons. Das ist 'ne hervorragende Idee, wie ich finde.

12:16 Uhr, Ab jetzt wird's Ernst, wir fahren in den Lough Ree. Das große Glück für Husti ist die Tatsache, daß null Wind geht und somit der See einem Spiegel gleicht und das Boot nicht wackelt. Hinzu kommt strahlender Sonnenschein, denn die Sonne hat mittlerweile die Oberhand über die Wolken gewonnen. Also perfektes Wetter für eine Seeüberquerung.

 Tonnen ohne Ende

12.18 Uhr, Der Smutje traut dem Braten noch nicht so recht. Er hat inzwischen neben mir auf der Flybridge Platz genommen. Irgendwie müssen wir den ablenken und bei Laune halten.

Ich zeige ihm auf der Navigationskarte die ungefähre Route die ich fahren will. "Wir müssen neun rote Markierungstonnen passieren ". Er verdreht sichtlich die Augen. "Damit es nicht so langweilig wird, würde ich sagen, wir trinken an jeder Tonne 'nen Schluck Whiskey ", sag ich zu Husti. "Wieviel Tonnen sind das nochmal? ", fragt er. "Neun! ". Er bläst die Backen auf und meint:"Das wird ja 'ne 'Hochleistungsschicht' für die Leber! ". 
"Ja schon ", sag ich, "aber wenn's dann schaukelt, denkt dein Hirn, das kommt 'nur' vom Saufen. Davon wird's dir ja nicht schlecht, oder? ". 

12:28 Uhr, Tonne-1, Ich reiche dem Smutje die Pulle Jameson.

12:44 Uhr, Tonne-2, Zeit für den nächsten Schluck.

12:58 Uhr, Tonne-3, Husti will zur Flasche greifen, da ruft Quaddel plötzlich:"Halt, noch nicht! Wir sind noch nicht im rechten Winkel zur Tonne! ". Einen Wimpernschlag später:"So, Du darfst, jetzt sind's genau 90° ".

13:04 Uhr, Tonne-4, Ich schraube gerade den Deckel von der Flasche ab, da frag Husti:"Wie weit noch? ". "Laut Karte noch zwei Seiten ", sage ich. Er verdreht wieder die Augen. 

13:14 Uhr, Tonne-5, "Wo sind'n eigentlich die Ü-60'er geblieben? ", frage ich Holger. "Quaddel ist duschen und Husti ist kacken ". Ist das ein 'Angstschiss' oder hat der Whiskey bei ihm durchgeschlagen?

13:18 Uhr, Das Wetter wird immer besser. Strahlend blauer Himmel und Sonne satt.

13:22 Uhr, Tonne-6, Die Ü-60'er sind immer noch abgängig. Der Whiskey schmeckt aber auch ohne die.

13:30 Uhr, Tonne-7, Noch 'ne Runde ohne Husti und Quaddel.

13:34 Uhr, Tonne-8, "Kackt der Bauleiter immer noch? ", frage ich. "Nö, ", sagt Dieter. "Der ist in der Kombüse und macht 'BratkloßBratkloß
Die Reste von den gestrigen Thüringer
Klößen in der Pfanne gebraten.
 
' für uns
". "Guter Mann ", sage ich. "Und Quaddel? ". "Der pennt! " Na gut, wie schon erwähnt, der Jameson schmeckt auch ohne die 'Senioren'. 

13:40 Uhr, Weit und breit keine rote Tonne mehr zu sehen. Selbst mit dem Fernglas kann ich keine entdecken. "Eigentlich müssten das doch neun Rote sein. Die letzte war aber erst die Nummer 8, oder? Entweder haben wir uns verzählt oder verfahren ". Holger meint:"Egal, im Notfall geht auch 'ne Grüne! ", und schraubt die Whiskeypulle auf.

13:52 Uhr, Dieter bringt einen Teller mit Bratkloß hoch auf die Flybridge. Das war mal wieder 'ne echt gute Idee vom Smutje und ist jetzt genau das Richtige für den kleinen Hunger zwischendurch. Bei Holger und Dieter kommt aber irgendwie die perverse Seite des Geschmacks durch. Die hauen sich beide 'ne Ladung Zucker auf ihren Teil. Von Dieter, der sich ja gelegentlich auch mal Zucker ins Guinness kippt, bin ich sowas ja gewohnt, aber bei Holger ist mir das neu. Für mich ist das irgendwie ekelhaft. Das ist ja fast so wie grüner Hering mit Vanillesoße.

13:58 Uhr, Tonne-9, Dumm gelaufen, weil der Bratkloß so fettig war, ist jetzt leider der Jameson alle. Wir sind sozusagen 'trocken' gelaufen.

14:30 Uhr, Wir haben in Lanesborough angelegt. Der See ist Geschichte und der Smutje hat richtig gute Laune, weil er die 'Überfahrt' endlich hinter sich hat.

 Attacke von hinten

14:36 Uhr, Ich frage den Smutje ob es sich lohnt noch vor dem Mittagessen mal kurz in die Nasszelle abzutauchen. Mein Körper verlangt nach etwas Hygiene. "Ich schätze so 15-20 Minuten dauert es noch ", meint der Smutje. Okay, das sollte für ein kurzes 'Duschbad' ausreichen.

14:40 Uhr, Frische Socken, U-Hosen, U-Hemd und neues T-Shirt sind bereitgelegt. Ich stehe im Adamskostüm in der Nasszelle und schraube den Verschluss von meinem Duschgel ab. Wie nicht anders erwartet, fällt mir natürlich der scheiß Verschluss, der Schwerkraft folgend, nach unten und verfängt sich ausgerechnet in dem kleinen Spalt zwischen Fußboden und dem Flansch von der Klopumpe. Scheiße, bücken geht, wenn 'Mann' straff auf die 60 zusteuert, nicht mehr so flüssig von der Hand wie vor 30/40 Jahren. Hinzu kommt noch der begrenzte Aktionsradius den die Nasszelle bietet.

14:42 Uhr, Dank einer artistischen Verrenkung ist es mir, ohne die Klotüre zu öffnen, gelungen mich so zu positionieren, daß ich Zeige- und Mittelfinger in den Spalt schieben und das Teil greifen kann. Genau in dem Moment als ich meine Hand wieder vorziehen will, packt mich irgend ein unbekanntes Wesen von hinten  Dem angeborenen Fluchtinstinkt folgend, springe ich ruckartig nach vorne. Einer Kollision mit dem Griff von der Klopumpe, der jetzt genau in Kopfhöhe steht, kann ich gerade noch ausweichen. Was ich allerding nicht mehr verhindern kann, ist der Einschlag mit dem Kopf hinten am Klodeckel.   Der steht nämlich im Gegensatz zum 'BauleiterkloBauleiterklo
Da ist das vorwiegend von Husti
genutzte Klo im Heckbereich.
 
' bei mir immer auf 'Standby', also hochgeklappt. Aber das kann ich verschmerzen, ein Treffer am Pumpenschwengel wäre sicher verheerender gewesen.

14:44 Uhr, Die Sterne die ich gesehen habe sind weg und die Vögel im Kopf zwitschern auch nicht mehr. Was genau war hier passiert 
Wenn du Crewmitglieder der Kategorie Ü-60 und temperaturtechnische Weicheier mit an Bord hast, dann ist damit zu rechnen, daß permanent die Heizung unter Vollast läuft. Dies wiederrum hat zur Folge, daß sich auch die Handtuchtrockner in den Nasszellen erwärmen und im wahrsten Sinne des Wortes 'arschheiß' werden. Und genau diesen Handtuchtrockner habe ich beim Bücken mit dem nackten Arsch getroffen.
Wenn 'Mann' vom anderen Ufer ist, dann mag sowas ja vielleicht erregend oder beglückend sein. Aber als Hetero kriegst Du da 'nen Schock für's Leben. Da ist durchaus mit Spätfolgen oder Posttraumatischen Belastungsstörungen zu rechnen. Schlimmstenfalls ist man gar nicht in der Lage dieses Erlebnis allein zu verarbeiten. Da hilft nur noch professionelle Unterstützung auf der Couch beim 'Seelenklempner.

14.56 Uhr, Es gibt Linsen mit und mit ohne Zucker sowie Blut- bzw. Knackwurst. Für mich hat der Smutje die Variante ohne Zucker und mit Knackwurst gekocht. Die Wurst ist schon altersgerecht in die Suppe geschnitten und verleiht ihr dadurch einen noch deftigeren Geschmack. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings. Leider hab auch ich eine Ladung Essig mit abgefasst. Das mag ich eigentlich nicht wirklich. Aber damit kann ich leben. Wichtiger ist, daß kein Zucker dran ist. Zucker kommt bei mir nicht mal an den Kaffee, geschweige denn ans Essen. Eigentlich bräuchte ich gar keinen Zucker. Ich wüsste auch gar nicht für was.

15:12 Uhr, Linsen gehören bekanntlich zu den Hülsenfrüchten, und die sind ja von Haus aus schwer verdaulich. Um die Verdauungsorgane nicht zu überlasten, gibt' s 'ne kleine Unterstützung in Form von fünf U-Berg.

15:26 Uhr, "Mann könnte ja zur Abwechslung mal wieder 'nen Whiskey aus dem Glas trinken ". Dieter dreht sich rum, greift ins Flaschenregal und stellt eine Flasche Bushmills auf den Tisch. "Nee, nicht die, die ist nichts für die Gläser! ". Da das eine von meinen zwei Flaschen ist, frage ich verwundert wieso die nicht für die Gläser ist. "Nee, die ist zum so trinken ", meint der Smutje. "Nimm lieber die 12 Jahre Bushmills, die können wir aus dem Glas trinken ". Da ich, um auch die restlichen Tage kulinarisch verwöhnt zu werden, auch weiterhin ein gutes Verhältnis zum Smutje pflegen muss, werde ich das Thema jetzt nicht ausdiskutieren. Das hebe ich mir für später auf.

15:52 Uhr, Dieter lässt noch 'ne Runde aus der für die Gläser bestimmten Flasche Bushmills ein.

16:02 Uhr, Jetzt ist ein gepflegter Mittagsschlaf angesagt.

17:14 Uhr, Ich werde munter. Diesmal sind aber offensichtlich nicht die 'grauen Panthergraue Panther
Anderer Begriff für Ü-60,
(fast) Rentner oder Senioren.
 
' dafür verantwortlich. Das kommt von außen, genauer gesagt von oben, es regnet. Angesichts der Lautstärke ist Regen leicht untertrieben. Das schüttet wie aus Kannen. Vom Klang her dürfte das sogar Hagel sein. Nur gut, daß wir das nicht mitten auf dem See abgekriegt haben.

17:50 Uhr, Die Stimmen, die jetzt aus dem Salon zu mir in die Kajüte dringen, gehören aber wirklich zu den Ü-60'ern. Die scheinen ja richtig gut drauf zu sein. Einer pfeift sogar oder versucht es zumindest. Da wird in mir sofort der Sketch von Loriot mit dem Kunstpfeifer wieder lebendig.

18:00 Uhr, Zeit für eine erste Getränkeinventur. Laut momentanem Bestand verfügen wir noch genau über:

3 1/2 Fl. Whiskey, 2 Fl. Rum, 1 Fl. Bommerlunder, 1 Fl. Rotwein. Das heißt im Umkehrschluss, wir haben bisher 3 1/2 Fl. Whiskey getrunken und liegen somit voll im Plan. Die Flasche Rotwein irritiert mich allerdings etwas. Aber der Smutje klärt mich auf, daß die für die Steaks geplant ist. Gut, der hat ja auch schon mal Rotwein zum Fisch serviert. Da kann man auch Rotwein zu Steaks trinken. Er als Bauleiter, Ingenieur und Hobbyweinkenner wird das schon wissen. Mir persönlich ist das ja egal welche Farbe der Wein hat, Hauptsache der schmeckt.

18:06 Uhr, Der Gruppenrat hat beschlossen, dem hier im Ort ansässigen Supervalue einen kurzen Besuch abzustatten. Wir brauchen Steaks, Eier und Lauchzwiebeln. Auf dem Rückweg könnte man dann evtl. noch ein oder zwei Guinness im Pub trinken.

 Verschollen im Supervalue

18:16 Uhr, Wir sind im SuperValue. Das Angebot an Steaks, dem Hauptgrund unseres Besuches, ist vielversprechend. Zumindest für mich sieht das so aus. Aber letztlich muss der Smutje das entscheiden. Da außer Eier und Lauchzwiebeln nichts weiter auf dem Einkaufszettel steht, interessiert mich das restliche Angebot hier im Supermarkt auch nicht weiter. Lediglich die Bier- und Whiskeypreise hab ich prophylaktisch mal gecheckt. Mein lieber Scholli, die Flasche Krombacher 2,99 € und Erdinger 3,19 €, Respekt! Aber egal, das trinke ich nicht mal zu Hause und auf dem Boot gibt's sowieso nur Guinness.

18:20 Uhr, Ich bin wieder draußen und hab's mir auf einer kleinen Holzbank gemütlich gemacht.

18:30 Uhr, Holger und Dieter kommen auch raus. Dieter hat 'nen Karton unter dem Arm. Eier, Lauchzwiebeln und zwei Lenden. Lende? "Ich denke wir wollten Steaks kaufen? ", frage ich verwundert. "Die Lende gab's im Angebot, nur 5,89 € das Kilo ", meint Holger. "Also gibt's Lende statt Steaks, oder? ", hake ich nach. "Die Steaks bringt der Smutje mit ". Na gut, da bin ich ja beruhigt.

18:40 Uhr, "Ich hab Durst, wo bleibt'n der Bauleiter? ", schimpfe ich. "Kauft der den ganzen Supervalue auf?".

18:46 Uhr, Wo bleibt der denn? Ich gehe nochmal in den Supermarkt. Nichts zu sehen, der Kerl ist wie vom Erdboden verschwunden.

18:50 Uhr, Ich schaue nochmal rein. Ganz kurz sehe ich ihn im Gang wo es Klopapier, Waschmittel und Hygieneartikel gibt. Was will der denn dort? Der muss echt zu viel weibliche Gene haben. Frauen gehen nämlich auch nicht einfach Steaks und Eier kaufen, die gehen 'einkaufen' um 'shoppen' zu können. Die shoppen, bis die Tüte platzt. 

Einkaufen oder 'Shoppen' wie der Deutsche sagt, hat ja mittlerweile eine ganz andere Bedeutung erhalten. Früher, als die Welt noch in Ordnung war, bestand für den Otto Normalverbraucher der eigentliche Sinn die HO- oder Konsum-Kaufhalle aufzusuchen nur darin, dort Bedürfnisse zu befriedigen. Zumindest galt das für den Teil, der auf er falschen Seite der ehemaligen Zonengrenze geboren wurde. Heutzutage aber besteht der Sinn von Supermärkten oder Shoppingcentern einzig und allein nur noch darin, völlig neue Bedürfnisse zu schaffen.
Der moderne, konsumoptimierte Einkaufstempel ist so eingerichtet, daß Fleischtheke und Getränkeabteilung immer ganz am Ende liegen. Das heißt, um deinen Einkaufszettel mit maximal zwei Positionen abzuarbeiten, musst du unweigerlich durch die Regalreihen mit Badelatschen, Frauenunterhosen, Müsli, Kosmetik oder Biogemüse. Also alles Sachen die du sowieso nie brauchst. Irgendwann hat 'Mann' durch intensive Selbstversuche die Strecke vom Eingang bis zum Bier und Grillgut so optimiert, daß man unter einer Minute liegt. Aber dann, beim nächsten Besuch der Supergau, die Arschlöcher haben plötzlich die Regale umgebaut! Jetzt fängst du wieder bei Null an um den kürzesten Weg auszutesten. 
Endlich an der Fleischtheke angekommen, das nächste Problem. Welche von den über 100 Sorten Wurst nimmst Du? Theoretisch ist's ja egal, die ganze 'Industriewurst' schmeckt sowieso gleich beschissen. Unterm Strich unterscheiden sich die einzelnen Sorten lediglich durch eine verschiedenartige Musterung. Wenn ich dann noch solche abartigen Sachen wie Gesichts- oder Teddywurst sehe, entscheide ich mich immer spontan für einen kurzen Abstecher in die Spirituosenecke. 

19:04 Uhr, Völlig entspannt und Unschuld heuchelnd kommt der Bauleiter aus dem Supervalue geschlendert. "Kannst Du mir bitte mal erklären was Du da solange drinne gemacht hast? ", scheiße ich ihn an. "Ich hab nur mal so geguckt was die so alles haben ", antwortet er. "Ja klar ", sag ich, "Speziell in der Hygieneartikelreihe. Hast Du da nach Slipeinlagen gesucht oder was? ". Er grinst:"Nö das nicht, aber das Fischangebot hab ich mir mal angeschaut ". Wie kommt der jetzt auf Fisch? 

19:12 Uhr, Wir sitzen endlich im Pub, "The Yacht Bar". Holger steht am Tresen und bestell fünf Guinness. Die Runde kostet glatte 20.- €. Wenn jemand behauptet würde, daß hier im Pub der Bär steppt, wäre das leicht übertrieben. Außer direkt am Tresen, wo eine Handvoll 'Locals' also Einheimische sitzen, sind wir die einzigen Gäste.

19:58 Uhr, Quaddel holt noch drei Guinness. Dieter und der Smutje wollen nicht mehr.

20:28 Uhr, Ich glaube, hier passiert heute nicht mehr viel. Rückzug!

20:32 Uhr, Als wir wieder am Supervalue vorbei kommen, schlagen beim Smutje wieder die weiblichen Gene zu. Der will nochmal in seine 'Einkaufserlebniswelt'. Da ich aber keine Lust habe wieder gefühlte zwei Stunden auf den zu warten, lass ich mir vorsorglich den Bootsschlüssel geben. Jetzt ist mir egal was der da drinne macht und wie lange das dauert.

20:40 Uhr, Wir sind wieder an Bord. Uns gegenüber hat noch ein anderes Boot festgemacht. Mir fällt sofort eine simple aber geniale 'Einstiegshilfe' ins Auge. Wenn so ein Teil draußen auf dem Anleger steht ist davon auszugehen, daß die Crew schon seit längerer Zeit dem schulpflichtigen Alter entwachsen sein muss. Es dauert bestimmt nicht mehr lange, dann dann haben wir auch so ein Teil neben dem Boot stehen. Wieso mir plötzlich Qaddel und der Bauleiter durch den Kopf gehen, ist mir jetzt ehrlich gesagt nicht ganz klar. 

20:46 Uhr, Das Guinness liegt irgendwie schwer im Magen. Da hilft evtl. ein U-Berg. Quaddel lässt vorsorglich noch 'nen Bushmills in die Gläser.

20:50 Uhr, Der Smutje hat scheinbar doch den Ausgang aus seiner 'Wohlfühloase' gefunden. Sichtbar gut gelaunt kommt er den Bootssteg runter geschlendert.

20:54 Uhr, Es gibt Abendbrot. Der Smutje serviert das Standartprogramm. Schinken, Käse, Salami, Schüttelgurken, Lauchzwiebeln usw. Damit es nicht ganz so trocken bleibt, holt Dieter fünf Guinness von oben aus der 'KühlungKühlung
Der Stauraum unter der Sitzbank
oben auf dem Sonnedeck.
 
'.

21:14 Uhr, Holger greift ins U-Fach. "Reine Vorbeugung ", meint er.

21:24 Uhr, Mit den Worten:"Habt ihr auch den Eindruck die Wurst war ganz schön fettig? ", teilt Holger noch 'ne Runde U-Berg aus.

21:46 Uhr, Wir sind beim Thema Angeln. Der Smutje mahnt die nach wie vor fehlende Grundlage für die Hechtspieße an. "Morgen geht's aber harte rein, da fang ich richtig an! ", meint Quaddel. Holger fügt noch hinzu:"Genau, da wird der Kombüsenleiter an Arbeit ersticken! ". 
Ich erläutere meine geplante Route für morgen. "Wir haben zwei Varianten. Der kürzeste Weg ist durch die Schleuse und anschließend die Hubbrücke in Tarmonbarry. Allerdings haben wir da zwei Stopps. Die andere Option wäre der Camlin River. Hier haben wir nur einen Stopp, nämlich Clondara Lock. Im Camlin River könnt ihr allerdings nicht angeln, der ist komplett verkrautet. Aber dafür ist das von der Landschaft her die schönere Strecke ". Quaddel protestiert:"Wir können nicht auf 'Schön' machen. Morgen müssen wir auf 'Masse' machen. Die Kombüse verlangt nach Fisch! ".
Ich glaube, ich werde das morgen operativ, je nach Lage der Dinge entscheiden. Wenn das Wetter schön ist, geht's durch den Camlin und wenn nicht, fahre ich direkt durch Tarmonbarry Lock und die Hubbrücke.

22:06 Uhr, Quaddel kippt noch 'ne Runde Whiskey ein.

22:10 Uhr, Mittlerweile hat es wieder angefangen zu regnen. Solange es am Tag trocken bleibt, stört das aber nicht weiter.
Im Flaschenregal entdecke ich plötzlich eine zweite Flasche Rotwein. "Seit wann haben wir denn zwei Pullen Rotwein? ", frage ich überrascht. "Die hab ich vorhin noch mitgebracht ", antwortet der Smutje und fügt hinzu: "Die ist für die Steaks ". Ich stutze kurz und frage ihn:"Dafür war doch aber die andere Pulle gedacht, oder? ". Der Smutje meint, daß eine Flasche für die Soße ist und eine für die Steaks. Aha, denke ich mir. Der hat bestimmt noch 'ne Überraschung in der Hinterhand, irgendwas mit Rotweinsoße. Na da bin ich ja mal gespannt.

22:20 Uhr, Noch ein Bushmills.

22:46 Uhr, Der Bushmills 12 Jahre alt, ist alle!

22:58 Uhr, Holger und der Smutje haben sich in ihre Kojen zurückgezogen. Dieter reicht einen Flachmann in die Runde.

23:10 Uhr, Der Ordnung halber muss jetzt noch ein U-Berg sein. Dabei fällt mir auf, daß Quaddel jetzt schon den dritten Tag in Folge immer bis zum Schluss mit dabei ist. Normalerweise gehört er immer zu den ersten, die abends das Handtuch werfen. "Ich bin dieses Jahr schon zweimal als Letzter ins Bett gegangen ", meint er. "Das nützt aber nichts, solange Du dann früh immer als Erster wieder aufstehst und mir auf den Sack gehst!", sage ich. "Wir werden das in Zukunft so handhaben. Wer als letztes ins Bett geht, darf früh auch erst als Letzter wieder aufstehen ". 

23:26 Uhr, Dieter verabschiedet sich, und ich lasse Quaddel seinen Willen, er darf das Licht ausmachen.
 


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Gute Nacht!

***

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