Befreiungsschläge, double-Checks und graue Panther
15:06 Uhr, wir fahren bei J.J. Hough vorbei. Ich gehe stark davon aus, daß wir das spätestens heute Abend noch von innen sehen.
15:08 Uhr, der Bus ist in den Bereich der Marina eingebogen und wird von einem Typ mit 'ner bunten Armbinde zum halten aufgefordert. Er erklärt dem Fahrer, daß heute hier ein Festival stattfindet und deshalb jede Menge Besucher mit Autos da sind. Somit ist auf der vorderen Seite alles zu geparkt und er kann mit dem Bus dort weder durchfahren noch wenden. Das heißt, wir müssen alle hier aussteigen und zu Fuß durch den Hintereingang auf das Gelände des Bootsvermieters.
15:10 Uhr, es ist immer wie ein 'Befreiungsschlag', wenn man nach gut zwei Stunden Busfahrt und der Einnahme diverser Destillate im 'Keramikzimmer' vor der Fliesenwand steht, und es laufen lassen kann. Das ist einfach ein Genuss. 
15:12 Uhr, während sich die restliche Crew ums Gepäck kümmert, erledige ich im Office wie immer den ganzen Papierkram mit dem Vermieter.
15:20 Uhr, Husti, Dieter und ich stehen vor Boot Nr. B1, eine Waterford. Wieso sind wir nur zu dritt? "Wo is'n eigentlich die 'kleene Gruppe' ?", frage ich in die Runde. "Keine Ahnung", meint Husti, und Dieter zuckt ebenfalls mit den Schultern.
15:22 Uhr, Holger kommt gemütlich mit 'nem Pappbecher Kaffee in der Hand den Bootssteg runter geschlendert. "Wo is'n Grube", frag ich ihn. "Toilette", ist die kurze aber eindeutige Antwort. Klar, wo sonst soll der auch sein. Da hätte ich eigentlich auch selber drauf kommen können. Dem ist bestimmt die ganze Aufregung auf den Darm geschlagen.  Gerade als ich grünes Licht zum entern gegeben habe, kommen zwei CC Mitarbeiter und behaupten, wir hätten das falsche Boot. "We have to double-check", meint einer der Beiden. Laut dem Stück Papier was ich vorhin oben im Office bekommen habe, haben wir aber genau Boot Nr. B1 
15:24 Uhr, ich bin wieder oben im Office, wegen dem 'doublecheck'. "You are shure we have B1 ?", frag ich zur Sicherheit nochmal nach. Der Kollege hinter'm Tresen schaut mich ungläubig an, und will wissen wieso ich das in Frage stelle.
15:30 Uhr, die Sache hat sich aufgeklärt. Unser Boot war nicht ganz fertig. Die B1 muss noch von außen gereinigt werden. Innen ist aber soweit alles fertig.
15:34 Uhr, Husti und Holger sind bereits auf Proviantbeschaffungs-Tour. Dieter, der irgendwie den Anschluss verpasst hatte, eilt hinterher.
15:44 Uhr, Grube sitzt mit entblößtem Oberkörper auf seinem Bett und hantiert frustriert mit seinem Handy. "Biste schon wieder am Telefonieren ?", kann ich mir nicht verkneifen zu fragen. "Nee, 'am APPsen' nur", meint er. "Das haut überhaupt nicht hin hier. Die schreiben was ganz anderes als was ich meine", schimpft er mit traurigem und enttäuschtem Blick. Ich schätze sein Handy hat angefangen selbstständig zu denken. Da werden an Hand der ersten eingetippten Buchstaben willkürlich irgendwelche Worte geschrieben, die man aber selber gar nicht schreiben will. Die Dinger bilden sich dann ein, sie seien schlauer als ihre Benutzer. Deshalb heißt so ein Gerät heute ja auch "Smart"-phone
15:52 Uhr, plötzlich steht Dieter wieder an Bord  "Ich weiß nicht wo die hin sind. Ich kann die nicht finden", behauptet er. "Na wo soll'n die schon sein", sage ich. "Die sind entweder auf dem Weg zum Supermarkt, schon dort, oder bei J.J. Hough. Mehr Möglichkeiten gibt es nicht". Dieter schaut mich ungläubig an:"Meinste ?". "Na klar, wo denn sonst? Du bist doch nicht das erste Mal hier, den Supermarkt wirste doch wohl noch finden, und auf dem Weg dorthin läufste auch bei J.J. Hough vorbei. Also hau dich in die Spur, die Beiden warten bestimmt schon auf dich !".
15:54 Uhr, jetzt brauch ich erst mal was zur Beruhigung. Zum Glück hat Grube noch ein Schlückchen in seinem Flachmann.
16:00 Uhr, unser Boot wird von außen gereinigt und ein Mitarbeiter von CC überprüft noch unseren Diesel bezüglich Ölstand, Wasserpumpe und Filter.Grube bezieht die Betten und ich fange schon mal an den Gasherd, Kühlschrank und sonstige Geräte zu checken. Früher haben wir dann auch noch sämtliche Teller, Tassen, Messer, Löffel und sonstige Küchenutensilien gezählt und überprüft. Aber das hab ich mir schon vor Jahren abgewöhnt. Da mach ich mir keine Gedanken mehr drüber. "Übernommen wie gesehen" fertig. Hauptsache der Motor, Kühlschrank und die Klopumpen funktionieren. Und genug Diesel sollte natürlich auch im Tank sein.
16:12 Uhr, wie jedes Jahr hab ich noch die obligatorischen Extrapakete Klopapier und 'nen Aschenbecher oben im Office geholt. Die außerdem noch gewünschten Plastiksessel für's Oberdeck bekommen wir gebracht.
16:24 Uhr, damit ich nicht so sinnlos rumsitze, hab ich mal die mitgebrachten Destillate 'Kameragerecht' aufgebaut und das obligatorische Foto gemacht.
16:30 Uhr, irgendwie ist unser Boot falsch eingeparkt. Der Seiteneingang ist auf der Wasserseite und nicht am Steg. Diese Position ist nicht wirklich 'Seniorengerecht'. Hier besteht noch Verbesserungsbedarf. Gleichzeitig wäre das auch eine gute Gelegenheit mal die Maschine und das Handling des Bootes zu testen. Mal sehen ob ich's noch kann.
16:38 Uhr, perfekt!! Unser Boot liegt jetzt altersgerecht geparkt mit der Tür am Steg. Wenn die Ü-60'er nachher von der Proviantbeschaffungstour kommen, können die mit dem 'Einkaufswagen' direkt bis an die Tür fahren und das ganze Zeug bequem einladen. Apropos Ü-60'er, da fällt mir ein, ich hab ja jetzt auch 'ne Sechs vorne dran. Scheiße, da muss ich mir ja 'ne neue Bezeichnung für die 'Alten' einfallen lassen. Vielleicht "Die grauen Panther" oder sowas in der Art. 
16:48 Uhr, das Boot steht perfekt, die Technik funktioniert, Klopapier haben wir auch genug und die Soundanlage hab ich mit eigenem Equipment ebenfalls zum laufen gebraucht. Aus den Deckenlautsprechern tönt "American Pie" von Don McLean.
16:52 Uhr, ich habe mein Zippo wieder vom sicherheitstechnisch unbedenklichen 'Transport-Setup' in den Betriebszustand versetzt. Das heißt zusammengebaut, Watte rein und Benzin aufgefüllt. Das wäre doch glatt 'nen Zigarillo und 'nen Whiskey wert.
16:54 Uhr, inzwischen hat es auch der Flachmann aus meiner Reisetasche auf den Tisch geschafft. Grube und ich sitzen auf der Couch im Salon. Wir haben uns jeder ein Zigarillo angesteckt, husten fürchterlich und genießen den ersten Whiskey an Bord. Ach nee, stimmt nicht, ist ja schon der Zweite Whiskey.
17:18 Uhr, die 'Grauen Panther' kommen vom Einkaufen zurück. Wenn ich jetzt so auf die Uhr schaue, bin ich mir sicher, die haben es wieder getan. Die haben es wie immer nicht geschafft, ohne auf ein kurzes 'Dienstbierchen' einzukehren, bei J.J. Hough vorbei zu kommen.
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