* Flybridge, Airdraft und Tartan *
⇒ 07:50 Uhr, das Wetter hat sich noch nicht so richtig entschieden was es heute macht. Aber es ist zumindest trocken und nicht kalt. In der Kombüse rumort es auch schon wieder. Laut Speiseplan soll es am Tag-3 Spiegelei zum Frühstück geben.

⇒ 08:00 Uhr, Holger ist bereits draußen auf dem Anleger und hantiert mit seiner Angel. Wenn der jetzt was fängt, dann ist für Grube der Tag schon vorm Frühstück gelaufen.

⇒ 08:08 Uhr, es gibt tatsächlich Spiegelei. Da es hier in Kilglass leider -und zum Glück für Grube- keine Einkaufsmöglichkeit gibt, müssen wir auf die Morgenbaguetten verzichten. Grube stellt fest, daß seine Hände zittern. "Nach der Nacht ist das kein Wunder", bemerke ich. "Du hast ja keinerlei Substanz mehr in dir. Du bist völlig hohl. Deine 'Haut' muss ja erst mal wieder gefüllt werden!".  

⇒ 08:10 Uhr, "Hat hier Irgendwer noch Wasser laufen?", ruft Husti von unten aus der Kombüse. "Nö, wieso? Vielleicht Du selber in deinem Revier unten?" . "Ach ja, stimmt, hast Recht!", tönt der Smutje von unten.

⇒ 08:26 Uhr, Holger greift ins U-Fach.

⇒ 08:36 Uhr, ich frage Grube ob er schon telefoniert hat. "Nö, ist aber 'ne gute Idee!".

⇒ 08:46 Uhr, Grube steht draußen und hat sein am Ohr. Dieter und Holger kümmern sich um den Abwasch, und ich befreie meinen Arbeitsplatz auf der Flybridge vom Wasser. Unser heutiges Etappenziel ist Clondra/Richmond Harbour. Während ich schon mal den Diesel warm laufen lasse, füllt Dieter noch den Wassertank auf.

⇒ 09:04 Uhr, wir legen ab. Das Wetter schein es gut mit uns zu meinen. Es klart langsam auf und die ersten Sonnenstrahlen dringen durch die Wolken. Als wir den Carrigeen Cut hinter uns haben bringt Dieter die erste Runde Guinness. Da jetzt die Sonne immer stärker wird, hat er auch gleich die Sonnencreme mitgebracht.

⇒ 10:20 Uhr, wir sind jetzt auf dem Lough Bofin und haben Sonne satt und keinen Wind. Das nenn ich mal ideales Urlaubswetter. Es ist nicht mehr weit bis Roosky. Mal sehen wie wir dieses Jahr die Hubbrücke 'erledigen'. Beim letzten mal haben wir erfolglos versucht den Lock Keeper telefonisch zu erreichen. Dann haben wir's so versucht. 2cm Platz war da noch zwischen Brücke und Flying Bridge. Schau'n wir mal was uns diese Jahr erwartet.

⇒ 10:38 Uhr, wir haben am Jetty vor der Hubbrücke festgemacht. Grube ist zwar der ungekrönte 'Telefonist', aber er spricht genau so gut Englisch wie ein Nashorn Federball spielt. Deshalb muss ich die Sache selber in die Hand nehmen. Ich aktiviere mein Handy und wähle die Nummer die am Anleger steht. Gleich beim ersten Versuch meldet sich der Lock Keeper von Roosky und teilt mir mit, daß er noch schnell zwei Boote durch die Schleuse lassen muss und dann sofort zur Brücke kommt. Das kling ja schon mal gut.

⇒ 10:58 Uhr, der Lock Keeper hat nicht gelogen. Die Brücke fährt hoch und die Ampel schaltet auf Grün. Zehn Minuten später stehen wir dann schon in der Schleuse von Roosky. Ausgerechnet jetzt fängt es leicht an zu regnen. Laut Lock Keeper soll es aber ab morgen besser und noch wärmer werden. Das ist ein guter Hinweis. Wenn es wirklich wärmer wird, was machen wir dann mit dem Rum? Der ist eigentlich vorgesehen um daraus Grog zu machen. Jetzt ist schnelles Handeln gefragt.  

⇒ 11.36 Uhr, Dieter bring ein Tablett mit vier Tassen Grog an Deck. Respekt, da hat der Smutje ja mal prompt reagiert! Grube und Holger haben zwar schon seit Roosky die Angeln wieder in Stellung gebracht, aber bis jetzt ist es ziemlich still auf dem Sonnendeck. Ich habe die Befürchtung, daß das für den Rest des Tages so bleiben wird.

⇒ 12:30 Uhr, wir biegen in den Camlin River ein. Da es hier ziemlich eng ist, und es sehr viel Kraut gibt, werden die Angeln eingeholt. Bei einem gepflegten Guinness genießen wir die Ruhe sowie die Natur und tuckern gemütlich durch den schmalen Kanal. Husti stellt fest, daß der ganze Ginster im Arsch ist. Alles vertrocknet, verbrannt oder abgestorben. Stimmt, jetzt fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Jetzt weiß ich was ich die ganze Zeit schon in den Carnadoe Waters vermisst habe. Das knallige Gelb der Ginstersträucher, was sonst überall präsent war. Entweder ist das alles vertrocknet oder hat Frost bekommen.
Holgers Thermometer zeigt inzwischen 23°C. Gut das wir die Sache mit dem Grog so schnell entschieden haben. Jetzt wäre es echt zu warm dafür.

⇒ 13:14 Uhr, die Airdraftanzeige vor der Clonra Bridge zeigt 3,25m. Huch, unser Kahn hat, glaube ich, so um die 3,20m. Die genaue Höhe weiß ich vor Schreck gar nicht. Ich hab zwar schon mal im Kapitäns Handbuch danach gesucht, bin aber nicht fündig geworden. Da steht alles mögliche drin, nur nicht die Höhe über Wasser. Die 3,20 hat mir vor langer Zeit mal ein CarrickCraft Mitarbeiter so als 'Richtwert' genannt.Ich lasse die Schraube vorsichtshalber kurz rückwärts laufen bis wir stehen. Anpeilen, passt oder passt nicht? Alle nicken, okay wir versuchen's. Puuhhh, geschafft!
Sagen wir mal so, die kleinste Welle oder Bewegung des Bootes hätte jetzt ausgereicht, um unser 'Monogramm' an der Brücke zu hinterlassen.

⇒ 13:20 Uhr, wir liegen am neuen Anleger von Clondra/Richmond. Hier ist alles neu und (noch) 1A gepflegt und in Ordnung. Sogar einen Spielplatz gibt es hier. So wie der aussieht, ist der garantiert nach den neuesten EU-Richtlinien und bestimmt auch mit EU-Geldern gebaut. Alles vom feinsten. Sogar Tartanbelag, damit sich die Kleinen nicht schmutzig machen oder gar einen Kratzer holen wenn sie hinfallen. Heutzutage muss halt alles 'Hi-Tec' und so teuer wie möglich sein. Da sind dann eben auch die Spielplätze gepolstert.
Spielplätze: Unser Spielplatz war früher der Hinterhof, inklusive der Mülltonnen oder "Aschekübel" wie wir die genannt haben. Eine ganz besondere -um nicht zu sagen magische- Anziehungskraft übte auch die Ruine auf dem Grundstück gegenüber aus. Da standen zwar Schilder mit "Achtung Lebensgefahr" oder "Betreten verboten" auf dem Grundstück. Aber als Stifte haben wir sowas komplett ausgeblendet. Wir waren den ganzen Tag draußen, immer dreckig, hatten blaue Flecken, Platzwunden und sogar Knochenbrüche. Um uns zu verabreden reichte uns eine Uhr. Wir brauchten dazu kein Facebook oder Internet. Wir hatten kein Handy, keine Playstation oder Markenklamotten, und der ABV war für uns noch 'ne Respektsperson. Es gab klare Regeln und wenn wir Scheiße gebaut oder zu viel Lärm gemacht haben, kam niemand mit dem blöden Spruch:"Wir müssen mal reden!". Nee, da gab's eine auf's Maul und gut war's. Auch haben sich keine EU-Kommissionen oder Heerscharen von Juristen damit beschäftigt. Das war einfach normal. Wir sind aber trotzdem groß geworden und waren als Kinder auch mit klaren Regeln glücklich und zufrieden.
⇒ 13:46 Uhr, der Chef de Cuisine persönlich serviert Eisbein mit Sauerkraut. Das Eisbein ist auf Wunsch eines einzelnen Herrn -in Fachkreisen auch Käpt'n genannt- schon vom Knochen befreit. Das Sauerkraut gibt es -ebenfalls wegen dem selben Herrn- in zwei Varianten. Mit Möhren und Zucker und mit ohne Möhren und mit ohne Zucker. Sauerkraut und Zucker, das ist ja wie grüner Hering mit Vanillesoße.  
Es schmeckt vorzüglich, ein Lob der Kombüse! Eisbein hat ja den Ruf nicht gerade kalorienarm und außerdem noch schwer verdaulich zu sein. Okay, gegen das Erste können wir nichts tun. Aber für die Sache mit der Verdauung schon. Holger greift ins U-Fach. Grube hebt aber die Hand und lehnt ab. "Wie jetzt, bist Du krank?". "Nö, ich hab heute Safttag!". Wenn jetzt aber ein U-Berg übrig bleibt, haben wir wieder Probleme mit der 'Teilbarkeit' durch fünf. Überhaupt, wenn ich mir so das U-Fach anschaue, so richtig gut sieht es nicht mehr aus. Ich glaube, wenn wir jetzt nicht bald auf die Bremse treten, haben wir Donnerstag -da ist Himmelfahrt- nichts mehr zum 'Verdauen'.

⇒ 14:30 Uhr, jetzt ist kollektiver Mittagschlaf angesagt.