| Alle großen geschichtlichen Ereignisse und Veränderungen entstehen in der Regel spontan und ohne groß geplant zu sein. Irgendwann entwickelt sich dann eine Art Eigendynamik und die Sache ist, ähnlich wie eine Laola-Welle, nicht mehr aufzuhalten. Genau so verhält es sich mit unserem alljährlichen "Angelausflug" nach Irland. Es begann Ende 1995, wie schon erwähnt ganz harmlos, bei einem damals noch üblichen "Freitagsbierchen". Unser langjähriges Crewmitglied Grube erzählte mir bei einem gemütlichen Glas Pils, daß ihm Dieter, der heute als Beauty- und Welnessverantwortlicher ebenfalls mit zur Stammbesatzung gehört, erzählt hat, er habe Bekannte die zu Himmelfahrt (für alle Leser aus den Alt-Bundesländern "an" Himmelfahrt) immer eine Bootstour in Irland auf dem Shannon unternehmen. Damals hatte ich weder etwas mit Guinness oder Angeln am Hut, und den Begriff "Shannon" kannte ich höchstens aus dem Abspann von einem Rosamunde Pilcher Film als Namen einer der Darstellerinnen. Von Irischer Musik, Pub’s oder "Last Order" hatte ich ebenfalls noch keine Ahnung, und ehrlich gesagt auch nicht wirklich viel Interesse daran. Für mich war das alles nur ein stinknormales "Stammtischgespräch" und deshalb nicht wichtig genug um dauerhaft im Hirn abgespeichert zu werden. Deshalb habe ich schon am nächsten Tag nicht mehr darüber nachgedacht. Im Februar 1996, ebenfalls wieder bei einem Freitagsbier, hat dann Dieter selber nochmals die ganze Sache zur Diskussion gebracht. Er erzählte uns, daß seine "Bekannten" noch Leute suchen, die Interesse an Irland, Bootfahren und Angeln haben. Okay, Irland und Angeln hat mich weniger interessiert aber Bootfahren und jeden Abend gemütlich im Pub, daß hat mich dann schon neugierig gemacht. So kam es, daß wir Nägel mit Köpfen machten und Anfang April bei Dieters Bekannten ein "Irland-Info-Abend" stattfand. Es gab reichlich Guinness, Irischen Whiskey, Irische Musik, Zitate und Leseproben aus "Irisches Tagebuch" von Heinrich Böll sowie jede Menge Fotos und Videos von der Grünen Insel. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich übrigens auch, daß "der" Shannon das bekannteste Irische Gewässer ist, und Irischer Whiskey am Ende mit "ey" geschrieben wird. Als abendliches Glanzlicht gab es mit Thüringer Klößen, grünen Bohnen und reichlich Knobi. Einfach köstlich!! Hier ahnten wir noch nicht, daß das der Auslöser für den alljahrlichen "kulinarischen Höhepunkt" werden sollte. Der Abend war ein voller Erfolg. Am Tag bzw. Nachmittag danach, als ich langsam wieder klar denken und geradeaus laufen konnte, stand für mich fest: "Himmelfahrt geht’s nach Irland!!".
Am 11. Mai 1996 war es dann endlich soweit, unser erster Trip (Heute sprechen wir von der "Tour 1996") nach Irland begann. Um unnötigen Nachfragen oder Einwänden vorzubeugen, hatten wir das unseren Frauen als "Angelausflug" verkauft. Das damals allerdings nur ein Tourmitglied eine Angelausrüstung hatte, ist denen gar nicht aufgefallen. Jetzt werden sicher wieder etliche "Frauenversteher" sagen, daß die Frauen nur aus taktischen Gründen und nur um uns nicht zu beunruhigen so getan hätten, als hätten sie nichts gemerkt, und wir uns nur eingebildet haben, daß die es nicht geschnallt haben. Wie auch immer, wir waren trotzdem die Größten. Wir, das waren acht (damals noch kernige) Männer und zwei Boote vom Typ "Mayo". Start und Ziel der Tour war Banagher. Schon der allererste Tag auf der Grünen Insel ging mit einem absoluten Höhepunkt zu Ende. Wir verbrachten den Abend bei J.J. Hough in Banagher. Den Szenekennern unter den Lesern muss ich das sicher nicht weiter erläutern. Für die Irlandtechnischen Laien sei nur soviel gesagt, daß es sich dabei um einen wenn nicht sogar "den" Irischsten und zugleich versifftesten Pub in Irland handelt. Wobei ich hier den Begriff "versifft" mehr zur Huldigung als Beleidigung verwenden möchte. Weitere Details über Interieur, Toiletten oder Allgemeinzustand möchte ich mir jetzt, zumindest hier an dieser Stelle, sparen. Jedenfalls ist ein Besuch bei J.J Hough mit Live Musik, die hier wirklich noch live und handgemacht ist, ein absolutes "Muss" für alle Irlandtouristen. Zu dieser Zeit, also 1996 und noch lange vor dem "Smoking Ban", gab es in den unzähligen und eigentlich permanent überfüllten Pub’s noch jede Menge rauchende, musizierende und fröhliche Menschen. Da wurde Mitternacht noch lautstark die Irische Nationalhymne im Pub gesungen und der Zapfhahn sowie die Klinke von der Einganstür entfernt. Die Iren haben damals "The Last Order" noch richtig gelebt. Man konnte dann zwar sitzen bleiben und gemütlich weiter trinken, aber das letzte Guinness musste eben vor Mitternacht aus dem Hahn sein. Rein kam man in den Pub wegen der fehlenden Türklinke nicht mehr, und raus ging’s, zumindest bei J.J. in Banagher, nur über eine Art separaten"Notausgang". Um dort hin zu gelangen, musste man erst etliche Bierfässer, die hier übrigens mit zum üblichen Mobiliar gehören, überwinden. Oha, ich merke gerade wie die Erinnerungen mit mir durchgehen, und ich vom Thema abkomme. Demnächst gibt es unter 15 Jahre sicher mehr zu den Themen, "J.J. Hough, die schönen Jahre" oder "Wie es damals war". Heute ist von den typisch Irischen Pub’s und dem ganzen damit verbundenen Feeling leider nicht mehr viel zu spüren.
Der Tag nach J.J. Hough bescherte uns den nächsten Höhepunkt. Der erste "selbstgefangene" Hecht. Für uns als Anfänger mit damals gigantischen ca. 75 cm Länge. Und das alles mit nur einer Angel, Respekt!! Natürlich wurde dieser Fang auf gefühlten 1000 Fotos verewigt. Jeder durfte sich mal damit fotografieren lassen. Im weiteren Verlauf der Woche haben wir dann so ziemlich alle Pub’s zwischen Killaloe und Athlone besucht, Unmengen an Guinness getrunken und jede Menge singende Iren erlebt. Das blöde war nur, das der "gemeine" Deutsche keine Lieder kennt und wenn doch, dann maximal den Text. Mit Singen läuft da überhaupt nichts, zumindest war’s bei uns so. Die Iren wollten immer, daß wir auch mal einen zum Besten geben und singen. Wir sollten immer "Lily Marleen" singen, keine Ahnung wieso, aber die Iren sind da voll drauf abgefahren. Aber das war wie ’ne Blockade. Nicht mal mit mehreren Litern Guinness in der Birne ging da was. Voll peinlich!! Nach einer Woche (länger hält, glaube ich, die Leber nicht durch) "Angeln" auf dem Shannon ging dann unsere erste Tour zu Ende und wir mussten leider wieder nach Hause zu den Frauen. Zum Glück hatten wir von einer Crew aus Österreich am vorletzten Tag noch einen kapitalen, frisch gefangenen Hecht geschenkt bekommen. Jetzt kamen nochmals die Fotoapparate und Videokameras ausgiebig zum Zug. Beweise dafür, daß wir Angeln waren, hatten wir damit. Am letzten Abend, beim letzten Guinness haben wir uns vorgenommen, den Text von "Lily Marleen" zu lernen. Damit war entgültig die bereits am Anfang der Story erwähnte Eigendynamik in Gang gesetzt und die Entscheidung gefallen: "Wir kommen wieder!!". Die Story Crew 2010 Route 2010 Das Boot 15 Jahre Wetter | |